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Wettkampfvorbereitung auf 10km-Lauf Teil 3

Wettkampfvorbereitung – 10kmLauf – Teil 3

Hier mein Trainingstagebuch für die letzte Woche

Datum

Trainingsinhalt

Distanz

Dauer

Geschwindigkeit

Anstrengungsgrad

11.2.2020

normaler DL nüchtern

6,04 km

33 min

5:29 min/km

7

12.2.2020

 4x4min Intervalle auf dem Laufband (Steigung: 11%)

3,5 km

16 min Belastung 12 min Trabpause

7:28 min/km

8

13.2.2020

Langer DL nüchtern

13,84 km

86 min

6:12 min/km

8

 Erläuterungen zum Tagebuch:

In der vorletzten Woche war mein letzter Lauf am Freitag, den 7.2.20. Da ich am Sonntag, ein wichtiges Tischtennisspiel hatte und ich es am Montag zeitlich nicht schaffte war mein erstes Training diese Woche erst am Dienstag.

Dies war ein normaler bis zügiger Dauerlauf. Ich bin mittags nüchtern gelaufen. War mäßig anstrengend und daher Grad 7.

Gleich am Mittwoch erfolgte nach einem kurzen Krafttraining ein Intervalltraining auf dem Laufband. Ich lief vier Vierminuten-Intervalle mit einer Steigung von 11% und einem Tempo von 7:25min/km. Zwischen den Intervallen erfolgte jeweils 3 Minuten Trabpause. Vom Herz-Kreislauf-System war das mäßig anstrengend, ging aber durch die Steigung gut in die Beine.

Am Donnerstag Mittag erfolgte schließlich mein langer Nüchternlauf für diese Woche. Mit 13,84 km war er um 1,1km länger als der letzte lange Lauf. Allerdings musste ich wohl den Laufeinheiten der beiden vergangengen Tage Tribut zollen. Es war anstrengender als erwartet. Daher Grad 8.

Rückblick:

Im letzten Beitrag haben wir uns angeschaut was Ausdauer überhaupt ist. Wir haben gesehen, dass ATP unser Energieträger ist, und woraus dieses ATP hergestellt wird. Zudem haben wir gelernt, dass die Umwandlung der Energiesubstrate in ATP aerob (mit Sauerstoff) oder anaerob (ohne Sauerstoff) erfolgen kann. Mit zunehmender Intensität wird Laktat produziert, welches der Körper ab einer bestimmten Schwelle nicht mehr abbauen kann. Über dieser Schwelle kann die Intensität nicht auf Dauer aufrechterhalten werden. Schließlich habe ich euch noch dargelegt, dass die Ausdauer von den Faktoren VO²max, den Mitochondrien, dem Blutvolumen und der Stärke des Herzens bestimmt wird.

 

Was bedeutet das für unser Training?

Das wichtigste Werkzeug: Der lange (Nüchtern)lauf

Ich hatte vor kurzem einen skurrilen Traum:

Ich war auf einer Insel in der Südsee und wurde von einem Kanibalenstamm gefangen genommen. Der Häuptling sagte: Ich stelle dir, wie jedem unserer Gefangenen eine Frage. Wenn du sie richtig beantwortest bist du frei. Wenn du aber daneben liegst werden wir dich zu Gulasch verarbeiten.

Die Frage lautet: Welche Trainingseinheit ist die wichtigste um die Ausdauer zu verbessern?“

Verdammt. Von dieser Frage hängt mein Leben ab. Nach langem hin und her antwortete ich: „Der lange Nüchternlauf.“

Der Häuptling nahm 20 seiner besten Läufer und unterteilte sie in zwei Gruppen. Eine Gruppe sollte jeden Tag ordentlich frühstücken und die andere nichts essen. Jeden Tag absolvierten beide Gruppen den gleichen langen Dauerlauf. Nach ein paar Wochen ließ er die 20 Läufer in einem Rennen gegeneinander antreten. Und zu meinem Glück waren die Läufer, die nüchtern trainiert hatten die, die als erste ins Ziel kamen.

Ich wurde mit Geschenken überschüttet und bekam die drei schönsten Frauen des Stamms. Leider klingelte an dieser Stelle der Wecker und ich bin aufgewacht.

Wenn ihr mein Trainingstagebuch studiert habt ist euch wahrscheinlich als erstes aufgefallen, dass ich jede Woche mindestens einen langen (Nüchtern)lauf absolviert habe. Selbst wenn ihr nur Zeit für eine einzige Trainingseinheit in der Woche hättet, dann wäre dies mit Abstand das wichtigste was ihr trainieren könntet. In meinem Traum war dieser Lauf überlebenswichtig (haha).

Was ist zu beachten bei diesem Lauf?

  • Das Tempo wird als langsam bis mäßig empfunden. Der Puls sollte nicht über 140 Schläge/min gehen, also kein Tempo bolzen, manche müssen sich zügeln um nicht in ein zu flottes Tempo zu verfallen. Wenn ihr euren Maximalpuls kennt, wären das ca. 65% dieses Werts.
  • Der Lauf wird nüchtern oder zumindest ohne an diesem Tag bereits Kohlenhydrate gegessen zu haben absolviert und auch während des Laufs werden keine gegessen oder getrunken, also keine Gels oder Riegel unterwegs
  • Die Dauer bzw. die Strecke des Laufs wird wöchentlich um ca. 10-20% gesteigert

Lerne von den Besten

Die Besten der Welt nutzen diese Art zu trainieren. Patrick Lange, 2-facher Ironman Hawaii Sieger, Jan Frodeno, Chris Froome, Tour de France Sieger, Crossfit-Ikone Rich Froning und auch Fußballgott Christiano Ronaldo. Viktor Röthlin aus der Schweiz, der schnellste Europäer im Marathon, hat erst kürzlich gesagt, dass er seine Erfolge hauptsächlich dem morgendlichen Nüchternlauf zuschreibt, welchen er sich von den besten Langstreckenläufern der Welt, den Kenianern abgeschaut habe. Das nenne ich „lernen von den Besten“.

Da muss also irgendetwas dran sein, wenn dieses Tool den Besten so wichtig ist. Studien, die ähnlich wie in meinem Traum aufgebaut sind gibt es mittlerweile viele. Hier wurde nachgewiesen, dass eine Gruppe, die nüchtern trainierte und die gleichen Einheiten absolvierte wie eine „satte“ Gruppe, entscheidend mehr Mitochondrien bildete und das VO²max deutlich erhöhte.

Ich selbst konnte, als ich erstmals vor über 15 Jahren, eine low-carb-Ernährung vermehrt mit Nüchternläufen kombinierte, nahezu unheimliche Trainingsfortschritte verzeichnen.

Viele Hobby- und auch Leistungssportler verzichten aber leider auf diesen ungeheuren Leistungsbooster. In den meisten Büchern, Zeitschriften und im Internet wird noch immer die etablierte High-Carb und Low-Fat Ernährung als das beste Mittel angepriesen. Langsam und ohne Kohlenhydrate zu laufen ist am Anfang ja auch ziemlich unsexy, denn die Umstellung des Stoffwechsel von Zucker- auf Fettverbrennung dauert ein paar Wochen und vor allem in den ersten beiden Wochen geht die Leistung erst mal in den Keller statt bergauf.

Warum wirkt der lange Nüchternlauf so gut?

Die Grundlagenausdauer und der Fettstoffwechsel

Wer bestmögliche Ausdauerleistungen erbringen will braucht einen ausgezeichnet funktionierenden Fettstoffwechsel. Leider wird dieser Punkt von vielen Sportlern übersehen. Selbst wenn du diesen Artikel liest und kein Langstreckenläufer bist, sondern vielleicht schwimmst, Fußball oder Handball spielst, Boxen, Karate oder Judo machst, oder selbst wenn du nur regelmäßig ins Fitnessstudio gehst und dort trainierst, ja sogar wenn du gar keinen Sport machen würdest, jeder profitiert von einem gut laufenden Fettstoffwechsel.

Was ist der Fettstoffwechsel?

Fettstoffwechsel bedeutet, dass unser Körper ATP aus Fetten herstellt.

Warum ist das so wichtig für uns?

Unser Körperfett ist unser mit Abstand größtes Energiedepot im Körper. Selbst sehr schlanke Menschen könnten mit ihren Fettreserven noch unzählige Marathons laufen. Im Gegenzug dazu sind unsere Kohlenhydratspeicher sehr begrenzt. Ein paar hundert Gramm können in der Leber und der Muskulatur gespeichert werden und sind beim Sport schnell verpulvert. Läufer, die ihren Fettstoffwechsel nicht trainiert haben merken dann, dass ihnen nach ca. 1 Stunde Training langsam der Sprit ausgeht. Sie laufen dann gegen die Wand oder der berühmte Mann mit dem Hammer wartet. Dann müssen sie ihr Tempo stark vermindern oder mit kohlenhydrathaltigen Drinks und Gels nachhelfen.

Wenn wir aber im Gegenzug lernen unser Körperfett effektiv zu nutzen, können wir viel länger durchhalten, haben also mehr Ausdauer.

Und genau hier kommt unser langer Nüchternlauf ins Spiel. Wenn wir morgens nach dem Aufstehen nichts essen und nichts kalorienhaltiges trinken, sind zumindest die Kohlenhydratspeicher in der Leber ziemlich aufgebraucht. Unser Blutzuckerspiegel ist niedrig und unser Körper zieht bereits Fette zur Energiegewinnung heran, denn der schnell verfügbare Zucker ist ja grad nicht da.

Wenn wir nun loslaufen muss unser Körper, mangels verfügbarer Kohlenhydrate, Energie aus dem Fett bereitstellen. Das dauert aber und geht nicht von heute auf morgen. Unser Körper muss sich erst adaptieren. Diese Nüchternläufe sind daher am Anfang, für Sportler, die gewohnt sind immer mit vollen Kohlenhydratspeichern loszulaufen ziemlich mühsam und werden deshalb wahrscheinlich auch von vielen gemieden. Aber der Aufwand lohnt sich. Nach ein paar Trainingseinheiten geht es immer leichter, weil der Körper sich daran gewöhnt hat Fett als Energieträger zu verwenden. Wer diese Nüchternläufe noch mit einer generellen low-carb, oder sogar ketogenen Ernährung verbindet bekommt die Vorteile noch viel schneller zu spüren. Über das Thema Ernährung werde ich aber noch in einem der kommenden Artikel viel genauer schreiben.

„Werde ich dadurch auch schneller?“

„Ok, die Nüchternläufe helfen mir länger durchzulaufen. Aber macht mich das auch auf 5km oder 10km schneller?“, denkst du jetzt vielleicht. Die Antwort ist ein klares „Ja“. Training im Fettstoffwechsel erhöht nachweislich das VO²max und die Anzahl der leistungsfähigen Mitochondrien. Unsere Zellen und Muskeln werden mit mehr Sauerstoff versorgt und wir können mehr Energie (ATP) produzieren.  Zudem halten wir ein hohes Tempo nahe der Laktatschwelle viel länger durch, weil viel mehr Fette zur Energiegewinnung herangezogen werden und so unsere Kohlenhydratspeicher geschont werden und länger herhalten.

 

Zusammenfassung:

Am Anfang der Wettkampfvorbereitung sind lange Nüchternläufe, die mit Abstand wichtigste Trainingseinheit. So trainieren wir unseren Fettstoffwechsel und bekommen Zugang zu einem nahezu unermesslichen Energievorrat. Durch diese Läufe legen wir eine breite Grundlage, auf der wir, je näher wir dem Wettkampf kommen immer mehr intensive Einheiten absolvieren können. Nur auf einem breiten, stabilen Fundament kann man auch ein Haus mit vielen Stockwerken bauen.

 

Ausblick:

Nach dem Fundament schauen wir uns das nächste Mal die ersten Stockwerke unseres Hauses an. Welche Einheiten machen, jetzt in der frühen Phase der Wettkampfvorbereitung, neben den langen Nüchternläufen noch Sinn.

Keep on running!

 

 

 

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