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Kälteadaption - die neue Geheimwaffe im Trainingsarsenal

Reinhard Grieger / pixelio.de

 

 

Kälte soll gesund sein und die Leistung fördern? Aber bei Kälte erkältet man sich doch. Das wird uns doch schon als Kinder eingetrichtert. „Zieh dich warm an und setz ja die Mütze auf sonst wirst du krank.“

Das erste Mal auf das Thema Kälte wurde ich aufmerksam als ich vor einigen Jahren im Fernsehen die Sendung Terra X geschaut habe. Das Thema der Sendung lautete: Die Körperbeherrscher. Der Titel machte mich natürlich neugierig. Das musste ich mir anschauen. Die Sendung war wirklich gut und es waren beeindruckende Leistungen zu bewundern. Am meisten fasziniert hatte mich aber ein Niederländer namens Wim Hof, der es schaffte für einige Stunden in einer durchsichtigen Eistonne zu sitzen. Sein ganzer Körper war mit Eis bedeckt. Nur der Kopf schaute noch raus. Während des Experiments wurde er medizinisch überwacht. Er hatte keine Erfrierungen und trug auch keine gesundheitlichen Schäden davon. Wim Hof hat auch schon nur in kurzer Hose den Mount Everest und den Kilimanjaro bestiegen und ist in der Arktis 100 Meter weit unter Eis getaucht. In einem Interview meinte er, dass er kein genetischer Freak sei und, dass jeder Mensch zu diesen Leistungen im Stande sei. Mit einer bestimmten Atemtechnik und mentalem Training, was mittlerweile als Wim-Hof-Methode bekannt ist, kann sich jeder an Kälte gewöhnen. Die Vorteile seien schier endlos. Er sei die letzten Jahre nie krank gewesen.

Wow dachte ich mir, heiliger Strohsack. Einige der besten Bergsteiger der Welt brauchen High-Tech-Equipment und Sauerstoffgeräte und dieser geile Typ geht halbnackt da rauf. Und wie schafft er es verdammt nochmal nicht auszukühlen, wenn er stundenlang im Eis sitzt?

Mein Interesse war geweckt und ich wollte das unbedingt genauer erforschen. Wie leider so oft, gab es im deutschsprachigen Raum so gut wie keine brauchbare Literatur und auch das Internet schwieg sich aus. Bei den Amis gab es aber schon einige Pioniere, die sich diesem Thema widmeten. So landete ich unter anderem bei Leuten wie Mark Sisson, Ben Greenfield, Tim Ferriss oder Dr. Jack Kruse. Außerdem versuchte ich die Wim-Hof-Methode so genau wie möglich zu erforschen. Und was ich bei meinen Recherchen und durch Eigenversuch herausfand war überwältigend.

 

Die Vorteile der Kälteadaption

  • Die Bildung von braunem Fett wird angekurbelt

Wenn wir als Baby auf die Welt kommen haben wir noch große Mengen an braunem Fettgewebe. Dieses befindet sich vor allem im Nackenbereich, im Gewebe bei den Schlüsselbeinen, im oberen Rücken und ums Brustbein.

Das tolle am braunen Fett ist, dass es thermoaktiv ist. Die braunen Fettzellen sind in der Lage durch Oxidation von Fettsäuren Wärme zu produzieren. Dieser Prozess ist für den Stoffwechsel sehr aufwendig. Man verbrennt dabei große Mengen von Energie und davon hauptsächlich Fett. Es ist sozusagen ein Stoffwechselturbo. Weil Babies leicht auskühlen haben diese eben noch große Mengen an braunem Fett.

Durch unsere ständig beheizten Räume und Kleidung, die uns bei jedem Wetter warm hält, verlieren wir nach und nach unser braunes Fett. Wenn wir aber unseren Körper regelmäßig Kälte aussetzen, können wir auch als Erwachsene wieder braunes Fett bilden.

 

  • Das Immunsystem wird robust

Wir alle wissen, dass Saunieren gesund ist und unser Immunsystem stärkt. Das liegt vor allem an dem Wechsel zwischen heiß und kalt.

Durch Kälte wird die Bildung neuer Immunzellen im Körper angeregt, vor allem Leukozyten und Granulozyten. Wir haben mehr Killerzellen im Blutkreislauf und Viren und Bakterien können viel effektiver unschädlich gemacht werden.

 

  • Körperzellen werden widerstandsfähiger und leben länger

Regelmäßige Kälte führt ähnlich wie Intervallfasten zu Autophagie. Das bedeutet, dass gesunde Zellen robuster und widerstandsfähiger werden. Die Zelle lebt länger. Auf der anderen Seite werden alte, beschädigte Zellen vernichtet. Wenn deine Zellen länger leben, lebst auch du länger.

 

  • Die Insulinsensivität wird gesteigert

Unser Körper schüttet bei Kälte das Hormon Adiponektin aus. Wenn Adiponektin in unserem Blut zirkuliert wird Glukose viel leichter im Muskel gespeichert und nicht im Fettgewebe. Dies geschieht um die Leistungs- und Erholungsfähigkeit des Körpers zu stärken.

Kälte kann also helfen Blutzuckerlevel auf einem niedrigen Niveau zu halten und somit Diabeteserkrankungen verbessern oder deren Entstehung verhindern.

 

  • Du wirst härter und widerstandsfähiger

Vom Weichei und Warmduscher zum Badass. Morgens unter die kalte Dusche gehen, in einen 10 Grad kalten Weiher zu springen sind mentale Herausforderungen. Sie schulen unseren Willen und die Entschlusskraft. Das hat auch einen Übertrag auf unseren Alltag. Wir werden selbstbewusster und entscheidungsfreudiger.

 

Das Vorgehen bei der Kälteadaption

 

Seinen Körper an Kälte zu gewöhnen, kann man sich wie ein Training vorstellen. Wer Kälte nicht gewohnt ist sollte also nicht gleich mit halbstündigen Eisbädern anfangen.

  • Kalte Umgebung

Der erste und einfachste Schritt. Gehe dünner bekleidet raus in die Kälte. Trainiere vor allem in kalten Temperaturen. Halte dich in kühlen Räumen auf. Wenn du so wie ich Schreibtischtäter bist, dann halte dein Büro kühl.

Meditiere in der Kälte. Meditieren hat mir selbst sehr geholfen mich an Kälte zu gewöhnen. Wenn wir meditieren vergessen wir unseren Körper, unserer Umgebung und die Zeit. Wir spüren die Kälte gar nicht mehr und ruck zuck ist eine halbe Stunde vorbei.

  • Sauna

In der Sauna heizen wir unseren Körper erst einmal kräftig auf. In diesem aufgeheiztem Zustand fällt es uns leichter in ein Kältebecken zu steigen oder kalt zu duschen, als im „normalen“ kalten Zustand.

Welche Vorteile regelmäßige Saunagänge haben kannst du hier nachlesen:

Sauna-5 Vorteile die keiner kennt

  • Wechselduschen

Fange an normal warm zu duschen und stelle dann für 20 Sekunden auf kalt und dann wieder 10 Sekunden auf warm.  Wiederhole das für insgesamt 5 Minuten.

  • Kalte Duschen

Wenn du dich an die Wechselduschen gewöhnt hast wird es Zeit für die nächste Stufe. Stelle die Dusche auf so kalt wie für dich erträglich. Fang bei einer Minute an und versuche dich langsam auf 5 Minuten hoch zu arbeiten. Konzentriere dich auf deinen Atem und versuche deine Körperwärme bewusst in deinen Torso zu lenken.

  • Eisbäder und schwimmen in kalten Gewässern

Eisbäder kann man in einer Regentonne machen oder auch in der Badewanne. Dazu am besten im Supermarkt ein paar Beutel Eiswürfel kaufen und diese in eine bereits mit kaltem Wasser gefüllte Tonne oder Wanne geben. Dann reinsteigen. Auch hier ruhig bleiben, auf den Atem fokussieren.

Ab Mitte September werden die Badeseen langsam wieder kälter. Woche für Woche fällt die Temperatur. Das ist die ideale Möglichkeit um sich schonend an immer kältere Temperaturen zu adaptieren. Es wäre doch eine tolle Challenge das mal das ganze Jahr bis zum nächsten Frühjahr durchzuziehen.

  • Kühlweste

Kühlwesten kann man im Internet bestellen. Sie haben den Vorteil, dass die Kälte nur punktuell am Oberkörper wirkt, also vor allem da, wo man braunes Fett bilden kann. Füße, Hände und Kopf können warm gehalten werden. Ob wir frieren hängt hauptsächlich davon ab, ob Füße, Hände und Kopf kalt sind. Sind diese warm und der Oberkörper ist kalt, haben wir trotzdem nicht das Gefühl zu frieren.

 

Fazit:

Eis lutschen kann jeder, sich in Eis baden aber nur wenige. Gehöre auch du bald zu den wenigen wirklich harten Kerlen und profitiere von den gewaltigen Vorteilen der Kälte. Ein Foto, mit dir beim Eisschwimmen, ist auf Facebook mindestens so interessant, wie dein neuer Bankdrückrekord. Garantiert!

 

 

 

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